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Autobahngeräusche - eine unheilvolle Symphonie

Aktualisiert: 11. Aug.

Die dunkle Seite der Hochsensibilität


Ich liege wieder wach. Verloren in einem fremden Bett eines Hotelzimmers. In der Ferne lausche ich unfreiwillig den Geräuschen der Autobahn, die sich in unmittelbarer Nähe befindet.

Aus beruflichen Gründen war ich gezwungen, in einem Hotel in direkter Nähe zur Autobahn zu übernachten. Die Geräusche dringen wie scharfe Dolche in meine „empfindlichen“ Ohren. Jedes einzelne dieser Geräusche ist ein Erinnerungsmesser, das tief in die Wunden eines Traumas sticht ...


Rückblick ...

Das Brüllen der Motoren wird zu einem bedrohlichen Donnergrollen, das den Boden unter den Füßen des Kindes erzittern lässt. Es ist, als ob die Autos wilde Bestien wären, die sich unaufhaltsam auf das Kind zubewegen, das einsam und alleine unterhalb einer Autobahnbrücke steht. Das rhythmische Klackern der Reifen auf den Fahrbahnmarkierungen ist wie das unerbittliche Ticken einer Uhr, welche die kostbaren Sekunden des Lebens herunter zählt. Es hallt in seinem Kopf wider, verstärkt die Ohnmacht und Angst, die es umkreisen.


Dieses Kind war ich. Im Alter von etwa 3 Jahren, als ich begann, aufgrund meines toxischen Familienumfeldes, meine Hochsensibilität zu entwickeln - und ebenso ein ausgeprägtes Erinnerungsvermögen. Ein Erinnerungsvermögen, das es nicht vermag, etliche traumatische Erlebnisse aus meinem Gedächtnis zu löschen. Ganz im Gegenteil. Sie haben sich tief in meine Seele eingebrannt. Bis heute.

Meine Eltern hatten mich wegen eines Streits unterwegs beim Spaziergengehen einfach zurückgelassen. Sie liefen wutentbrannt jeweils in entgegengesetzte Richtungen. Ich klammerte mich mühsam an den zu jener Zeit schicken, blauen „Kinderbuggy“, neben dem ich zusammen mit meinen Eltern hergelaufen war. Ich hatte bereits früh gelernt, zu laufen. Doch die Angst ließ mich in jenem Moment fast zur Eissäule erstarren.


Es gibt kaum Worte, die ausdrücken können, welche Hilflosigkeit ich in dem Moment empfand, als ich zuerst meine Mutter und dann meinen Vater weglaufen sah ... (Über diese Erlebnis berichtete ich bereits ausführlich in meinem Blog-Artikel "Verschickungskind - unsichbare Wunden ...")


Kein Ort der Freiheit

Noch heute sind mir Autobahngeräusche zu tiefst zu wider. Es ist oftmals schwer, anderen Menschen plausibel zu erklären, warum ich Autobahnstrecken möglichst vermeide. Wenn es unumgänglich ist, kauere ich mich tief in mein Innerstes, während ich gleichzeitig versuche mich auf den Verkehr zu konzentrieren. Ein schier unbeschreiblicher Kraftakt für mich. Ein Trauma … über das ich bisher kaum mit jemandem gesprochen habe und seit Jahrzehnten mit mir herumschleppe.


Die Autobahn ist für mich ein mächtiges Band aus Asphalt, das sich wie eine endlose Schlange durch’s Land windet. Das Heulen des Windes, und das Temporauschen der vorbei rasenden Fahrzeuge, dass durch die Fenster peitscht, klingt wie der Schrei verzweifelter Seelen. Jeder Windstoß trägt eine bedrohliche Botschaft mit sich, die ich als Kind zu jener Zeit noch nicht entschlüsseln konnte. Es fühlt sich für mich immer noch an, als ob sich etwas Schreckliches ankündigen würde.


Die Autobahn ist für mich kein Ort der Freiheit oder des Abenteuers, sondern ein Ort der Verlorenheit. Jedes Geräusch, das ich während der Autofahrt wahrnehme, ist ein Echo meiner traumatischen Erfahrungen, die mich tief in die Dunkelheit meiner eigenen Gedanken hinabziehen.



Sitze ich als Beifahrerin im Auto, während wir über die Autobahn rasen, schaffe ich das kaum ohne Musik und ohne ein Buch oder eine Zeitschrift währenddessen zu lesen. Durch diese Ablenkung versuche ich meine Gedanken in eine andere Richtung zu navigieren. Gleichzeitig versuche ich, mir im Außen nicht anmerken zu lassen, das zwischendurch immer wieder Panik in mir aufsteigt. Ja, ich bin eine Meisterin des „Zusammenreißens“ – seit meiner Kindheit. Alle traumatischen Erlebnisse reihten sich aneinander aus jener Zeit. Gefühle waren nicht willkommen. Auch nicht die, welche aus Angst heraus entstanden. Ausschließlich die Emotionen eines narzistischen Elternteils standen im Vordergrund. Hinter den Kulissen, nahezu verborgen vor der Außenwelt, löste ein Drama das andere ab.


Langweilig war es nie. Und ich habe lange gebraucht, meine Hochsensibilität, welche ich als Schutzschild entwickelte – mein innerliches Radarsystem – als besondere Stärke zu erkennen.

Eine Entwicklungsreise voller Anstrengungen und enormer Geduld, die ich aufgrund meiner starken Selbstwahrnehmung unaufhörlich weitergegangen bin. Auf dieser Reise befinde ich mich immer noch …


Es ist wichtig zu wissen ...

... dass Hochsensibilität keine psychische Störung ist, sondern ein Persönlichkeitsmerkmal, das sowohl Herausforderungen als auch Stärken mit sich bringt. Hochsensible Menschen können von einem besseren Verständnis ihrer eigenen Bedürfnisse und von Strategien zur Reizreduktion profitieren, um ihre Sensibilität als Stärke zu nutzen.

Ich sehe es als meine Berufung an, anderen hochsensiblen Seelen Impulse mit auf den Weg zu geben, die ihnen Mut machen. Diese Impulse sind nicht verpflichtend – in die Umsetzung geht jeder selbst. Achtsamkeit und selbstwirksames Handeln spielen dabei eine wichtige Rolle.


Hier im, Blog von „Alexografie“, könnt Ihr bereits vieles über meine persönlichen Erfahrungen als HSP’ler* (Highly Sensitive Person) erfahren.


Bleibt achtsam.


Eure Alex


"Nicht unsere Expertise bleibt in Erinnerung, sondern die Geschichten, die wir erzählen. Geschichten, die auf unseren eigenen Erfahrungen beruhen. DAS sind WIR. Alexografie."



(Folgt uns auf -> Instagram! Dann verpasst Ihr nichts und könnt unser achtsames und kreatives Schaffen stets begleiten!)



 

© Alexografie.de - Alex We Hillgemann - Mai 2024

Photos: Alex We Hillgemann, Wix

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